Wandelnde Gesetze, neue Haftungsfragen

Psychoaktive Substanzen – neue Versicherungsrisiken

Die rasante Entwicklung psychoaktiver Substanzen – von medizinischem Cannabis bis zu neuen Psychedelika – verändert rechtliche Rahmenbedingungen und Haftungsrisiken. Für (Rück-)Versicherer entstehen Fragen zu Deckung, Regulierung und Marktpotenzial, die eine genaue Beobachtung erfordern.

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Obwohl viele der psychoaktiven Substanzen Kontrollmaßnahmen unterliegen, kann sich der Übergang von einer geächteten Droge zur Mainstream-Medizin sehr schnell vollziehen.

Was psychoaktive Substanzen ausmacht und wie sie wirken

Psychoaktive Substanzen sind Wirkstoffe, die Veränderungen in der Gehirnfunktion hervorrufen können. Sie können Wahrnehmung, Denken, Bewusstsein, Fühlen und Handeln beeinflussen. In höheren Dosen können sie Vergiftungen hervorrufen und manchmal lebensbedrohliche Auswirkungen haben und sogar zum Tod führen. Sie können zur medizinischen Behandlung, zu Erholungszwecken und zu rituellen oder spirituellen Anlässen verwendet werden.

Klassifizierung – Halluzinogene, Stimulanzien und mehr

Psychoaktive Substanzen können je nach ihrem pharmakologischen Profil in verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Eine genaue Einordnung einzelner Substanzen in eine bestimmte Kategorie ist oft schwierig, da sich die Wirkungen oft überschneiden. Es gibt kein einheitliches Klassifizierungssystem, aber im Allgemeinen können die Substanzen wie folgt eingeteilt werden:

  • Halluzinogene: Substanzen, die eine stark veränderte Realitätswahrnehmung hervorrufen
  • Stimulanzien: Substanzen, die stimulierende Wirkungen haben und Euphorie hervorrufen können
  • Depressiva: Substanzen, die sedierende oder angstlösende Eigenschaften haben können
  • Analgetika: Substanzen, die zur Anästhesie und Schmerzbehandlung eingesetzt werden

Globale Regulierung: internationale Abkommen und Gesetze

Es gibt eine Reihe von internationalen und nationalen Initiativen, um die Verfügbarkeit und den Konsum von Drogen einzuschränken und den internationalen Drogenhandel zu unterbinden. Drei Verträge der Vereinten Nationen bilden zusammen den völkerrechtlichen Rahmen des globalen Drogenkontrollsystems. Sie bilden den internationalen Rahmen für die Prävention von Drogenmissbrauch und Drogenhandel:

  • Das Übereinkommen über Suchtstoffe von 1961, geändert durch das Protokoll von 1972
  • Das Übereinkommen über psychotrope Stoffe, 1971
  • Das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen, 1988

Darüber hinaus haben alle Länder zusätzliche Gesetze erlassen, um die UN-Vorschriften an ihre eigenen Gegebenheiten anzupassen. Für die verschiedenen psychoaktiven Substanzen, die seit Jahrzehnten im Mittelpunkt des Drogenmissbrauchs stehen, wurden zahlreiche spezifische Gesetze und Vorschriften erlassen. Beispiele hierfür sind der US-amerikanische "Controlled Substances Act", das deutsche "Betäubungsmittelgesetz" und das "Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz" oder der britische "Misuse of Drugs Act" und der "Psychoactive Substances Act".

Cannabis als Wendepunkt in Medizin und Recht

Die am intensivsten diskutierte psychoaktive Substanz der letzten Jahre ist Cannabis. Die pharmakologischen Wirkungen von Cannabis sind in den Mittelpunkt der medizinischen Forschung gerückt. In der Medizin wird Cannabis vor allem in der Schmerz- und Tumortherapie eingesetzt. Weitere mögliche Indikationen sind in der Diskussion und in der klinischen Erprobung. Dafür ist in der Regel eine Verschreibung erforderlich, und die Abgabe erfolgt in der Regel in einem durch die örtlichen Gesetze festgelegten Rahmen.

Die Legalität von Cannabis für den medizinischen und den Freizeitgebrauch ist von Land zu Land unterschiedlich. Während der Freizeitkonsum in den meisten Ländern noch verboten ist, ist die medizinische Verwendung in mehreren Ländern bereits legalisiert. Die gesellschaftliche und politische Diskussion geht weltweit weiter. Daher sind für die Zukunft Änderungen in der rechtlichen Bewertung von Cannabis sowohl für medizinische Zwecke als auch für den Freizeitgebrauch zu erwarten.

Obwohl viele der psychoaktiven Substanzen, darunter auch Cannabis, in die Liste I des UN-Übereinkommens eingestuft sind und dementsprechend allen Kontrollmaßnahmen unterliegen, die im Rahmen des Übereinkommens für Drogen gelten, hat das Beispiel Cannabis gezeigt, dass sich der Übergang von einer geächteten Droge zur Mainstream-Medizin sehr schnell vollziehen kann.

Neue medizinische Anwendungen – was das für (Rück-)Versicherer bedeutet

Heute scheint das Bewusstsein, die Erwartung und die Hoffnung auf eine mögliche medizinische Zulassung verschiedener psychedelischer Drogen zur Behandlung unterschiedlicher psychiatrischer Störungen, wie z. B. hartnäckige Depressionen, Angstzustände am Lebensende, posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) und Sucht, rasch zu wachsen. In der aufkommenden Diskussion werden Nebenwirkungen und Komplikationen manchmal negiert oder beschönigt. Es lässt sich nicht vorhersagen, ob die derzeitige Forschung im Zusammenhang mit psychoaktiven Substanzen in naher Zukunft neue, echte Durchbrüche für medizinische Therapien bringen wird, aber aus Sicht der Versicherungen ist es wichtig, diese Entwicklungen im Auge zu behalten.

Die Erwartungen an einen möglichen neuen Markt für psychoaktive Substanzen in der Medizin sind hoch, und es werden Parallelen zu den Entwicklungen bei medizinischem Cannabis gezogen, wo für 2025 ein Umsatz von 40 bis 70 Milliarden USD prognostiziert ist.

Vom Tabu zur Therapie – was Versicherer wissen müssen

Die wachsende Bedeutung psychoaktiver Substanzen in der Medizin eröffnet Chancen und Herausforderungen für (Rück-)Versicherer. Rechtliche Änderungen, Haftungsrisiken und Marktwachstum erfordern proaktive Strategien. Mit zunehmender Forschung gilt es, Deckungsbedarf und mögliche Risiken frühzeitig einzuschätzen.

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